1 Kollektiv, 1 Haus, 1 Dreh und das verflixte Jahr 2020
Als Ende 2019 die Weichen für GENERATION TOCHTER gestellt wurden, hatte ich zwar fantasiert, wie groß, spannend und gut das Projekt werden könnte, aber die Realität zeichnet allzu oft ein anderes Bild. So schlichen sich schon früh Zweifel ein. Wie finanzieren wir ein solches Projekt? Wie sollen wir neben der Arbeit und neben dem Studium organisieren, geschweige denn drehen? Was machen wir, wenn Corona uns einen Strich durch all unsere noch so guten Lösungen zieht? Einen Freund, mit dem ich damals über das Projekt sprach, gab uns eine Wahrscheinlichkeit von 50%, dass wir überhaupt in die Umsetzungsphase kommen.
Nun – etwa 12 Monate danach – würde dieser Freund mit Sicherheit eine andere Wahrscheinlichkeit angeben. Denn wir haben nicht nur eine Vielzahl an Unterstützer*innen für uns gewinnen können, sondern mit unserem großen Kollektiv trotz der Corona-Pandemie unseren ersten Dreh auf die Beine gestellt. Vom 29.10. – 09.11.2020 haben wir dank der großzügigen Unterstützung auf Start Next sowie unserer Partner MBF Filmtechnik, Ludwig Kameraverleih, Filmservice Lienert und vielen weiteren in der Jugendfreizeiteinrichtung Wannsee drehen dürfen. Damit haben wir ungefähr 30-40% des Filmes abgedreht.
Das Haus der JFE Wannsee (die alte Feuerwache Wannsee) direkt neben dem Stadion Wannsee durften wir für den Dreh komplett vereinnahmen. So waren wir in der Lage, die Wände zu streichen, eine Küche einzurichten, ein Klavier in Mitten unseres Hauses zu platzieren und als Filmkollektiv dort Quartier aufzuschlagen. Als zweites Zuhause pendelten wir beinahe täglich nach Wannsee – um zu streichen, in unserem Produktionsbüro die anfallenden Arbeiten anzugehen, die Einrichtung durch die Gegend zu bewegen, bis wir die gewünschte Position hatten, oder um das Haus Wildschwein-sicher zu machen.
Für die meisten von uns ist das Filmemachen mittlerweile alltäglich. Das Filmemachen im Kollektiv war für uns alle vergleichsweise gewöhnungsbedürftig und bedeutet immer wieder eine neue Evaluierung der Arbeitsweise und der Kommunikation. An dieser fluiden Struktur müssen wir teils Anpassungen vornehmen, um die geeignete Arbeitsatmosphäre zu erhalten, die wir für ein gelungenes Projekt benötigen. Das Ganze während eines Drehs in einem gemeinsamen Haus zu machen, barg selbstverständlich interessante, familiäre Erfahrungen für uns alle.
In einem Kollektiv ist die Kommunikation aller Beteiligten essentiell, gerade weil die Verantwortungsbereiche größer sind, mehrere Personen sich Aufgabenbereiche teilen oder losgelöst vom Kollektiv operieren müssen. Ein Dreh birgt da seine ganz eigenen Herausforderungen, die eine solche Situation mit sich bringt. Wenn das Ganze in einem Haus und unter scharfen Hygienevorschriften stattfindet, dann entstehen hierbei die unterschiedlichsten Schwierigkeiten. Von Eingrenzungen der Aufenthaltsbereiche, über regelmäßige Desinfektion, bis hin zur getakteten Mittagspause gab es verschiedenste Anpassungen, die unseren Dreh von Beginn an verkomplizierten.
Nach einer holprigen Startphase, in der wir uns sowohl an das Haus, die Bedingungen und an alle Personen im Team gewöhnen mussten, wurde der Dreh die Tage darauf immer stimmiger. Abläufe, Probleme und Wünsche, die wir jeden Abend neu evaluierten, ließen uns am nächsten Tag noch fokussierter und ambitionierter an die Aufgaben herantreten. Dabei entwickelten wir untereinander ein besseres Verständnis, wie wir zusammenarbeiten wollen und auf welche Weise sich diese Wünsche in die Tat umsetzen lassen. Diese wurden zügig umgesetzt und sorgten dafür, dass wir am Ende des Drehs eine wesentliche Verbesserung unserer gemeinsamen Arbeitsweise erleben durften. Ein humorvolles Halloween, dank einer Horror-Kunst-Installation im Bad, durften wir auch mit Einschränkungen erleben. Dass wir trotz zwei vermeintlicher Corona-Fälle, infolgedessen unser striktes Hygienekonzept ausgereizt und anschließend angepasst wurde, den Dreh problemlos durchführen konnten, war für uns alle ein Erleichterung. Abgesehen davon konnten wir wunderschönes Material gewinnen, das die monatelange, rastlose Arbeit des Kollektivs widerspiegelt.
Etliche Telefonate und Produktions-Meetings auf Skype, Treffen auf Abstand auf Wiesen im Sommer und ein gemeinsamer Weihnachtsumtrunk zum Jahresabschluss später, wollen wir nun 2020 abschließen und schauen zuversichtlich auf das neue Jahr. Hier lauern neue Herausforderungen für das Kollektiv. Während wir innerhalb der letzten Monate den Grundstein für unseren Film gelegt haben und uns ganz auf die Charaktere und ihre Lebenssituation konzentrieren konnten, kommen 2021 die Stunts! In Ausarbeitung mit unseren Stuntkoordinator*innen Tanja de Wendt und Ulrike Lehmann wird in den kommenden Drehblöcken gerannt, geflüchtet, versteckt und geschossen. Wir freuen uns auf die kommenden Monate, in denen dann das Herzstück des Filmes folgen soll: die Action, die uns durch den Film treibt.